Weinflaschen in Mehrweg funktioniert!

Das zeigt das Beispiel der Weinkellerei Riem und Daepp & Co. AG im Aaretal. Seit 20 Jahren setzt sie auf Mehrweg und damit auf Nachhaltigkeit. Dafür hat sie Schritt für Schritt investiert.

Im Gespräch mit uns erklärt Herbert Riem, wie die Weinkellerei das im Betrieb umsetzt: «Bei jeder Investition seit 1990 haben wir darauf geachtet, dass dabei auch die Ökologie beachtet wurde. Zwar ist das kurzfristig nicht rentabel, jedoch langfristig eine gute Sache.» So betreibt die Kellerei heute …

… eine Flaschen-Waschanlage

«75 % der ausgelieferten Flaschen kommen so zurück in den Kreislauf und werden von der Anlage gewaschen.» Eine Studie im Auftrag von Riem und Daepp hat herausgefunden, dass dadurch fast die Hälfte des ökologischen Fussabdrucks eingespart werden kann, vergleicht man es mit dem Einweg-System. Die Flaschenwaschanlage ist für das Traditionsunternehmen (gegründet 1868) keine Neuheit – es ist bereits die 4. Anlage. Die erste Anlage wurde 1945 in Betrieb genommen.

… eine Holzschnitzelheizung

«Sie beheizt seit 1999 die Liegenschaften CO2-neutral und erzeugt im Mittel 350’000 kWh Wärmeenergie. Diese wird auch für die Erwärmung des Wassers in der Flaschen-Waschanalge gebraucht.»

… eine Photovoltaikanlage auf dem Dach

«Seit 2008 produziert sie unseren eigenen Strom und speist auch ins Netz ein – 300’000 kWh pro Jahr.»

Früher belieferte Riem & Daepp noch mit der Kutsche und im Fass. Nach dem 2. Weltkrieg wurde vermehrt Wein in Flaschen nachgefragt – Mehrweg versteht sich! Flaschen wieder zu verwenden war damals so normal, dass bis 1975 eine Altglassammelstelle eine Rarität darstellte.

Heute ist die Weinkellerei in den Händen der 5. Generation der Familie Riem. Sie kultiviert zusammen mit ihren Mitarbeitenden eigene Reben, keltert Wein (zwei Drittel davon aus der Schweiz), füllt ab, verkauft, beliefert und nimmt die leeren Flaschen zurück – alle, nicht nur die eigenen! Das Depot von 30 Rappen gibt es allerdings nur auf die eigenen Flaschen.

«Früher war es selbstverständlich, dass jede Flasche zurückkommt – Mehrweg war keine Besonderheit.»

Herbert Riem weiss, wieso Weinflaschen in Mehrweg bei ihnen funktioniert.:«60% der Kundschaft sind aus dem Gastgewerbe, beliefert werden so 600 Restaurants. Viele Gasthöfe sind positiv eingestellt gegenüber Mehrweg, denn sie müssen mit den Flaschen nicht zum Altglas. Die Rücknahme der Flachen klappt gut, weil die Chauffeure jede/n Gastwirt/in persönlich kennen und genau wissen, wo die Flaschen hingestellt und wieder abgeholt werden sollen.»

«Die Chauffeure sind in die Verantwortung eingebunden und müssen nachfragen.»

 

«Die restlichen 40% der Kundschaft setzen sich aus privaten Kunden und Grossisten zusammen. Beliefert wird aber ausschliesslich im Kanton Bern.»

«Im Kanton Bern gibt es längstens genügend Potential für unsere Firma und wir schauen, dass unsere Touren voll sind und mit möglichst wenigen Kilometern gefahren werden können.»

Herbert Riem meint, es lohne sich angesichts der aktuell hohen Energiepreise in Mehrweg zu investieren, denn die Einwegflasche werde teurer. Die hohen Temperaturen (1500°C), die erforderlich sind, um Glas herzustellen, machen den Prozess sehr energieintensiv.

«Ein hoher Energiepreis ist die beste Motivation weniger CO2 auszustossen und weniger Energie zu brauchen»

Verantwortung der Kundschaft?

Das Bewusstsein steige laut Riem langsam auch bei der Kundschaft. Wein in Harassen und nicht in Karton- oder Holzkisten zu kaufen hat auf die Qualität des Weins keinen Einfluss. Die Handhabung ist sogar noch praktischer.

Leider hält sich die Vorstellung bei der Kundschaft, Wein in leichteren Flaschen sei weniger hochwertig, hartnäckig. Dabei hat eine Studie im Auftrag der Kellerei herausgefunden, dass eine Reduktion des Flaschengewichts für den Handel von 200g den ökologischen Fussabdruck des Weins erheblich senken könnte.

Riem und Daepp nutzt den Vorteil, direkt ab der Kellerei zu liefern und sei dadurch unabhängig vom Entscheid der Grossisten.

 

«In der Schweiz liefert kaum noch jemand direkt ab der Kellerei.  Der Markt wird dominiert von den Grosshändlern

Das Beispiel von Riem und Daepp zeigt, dass Mehrweg auch bei Wein gut funktionieren kann. Ihr Geheimrezept: Die Kellerei hat die Freiheit genutzt, einen eigenen Kreislauf aufzubauen.

Autorin: Diana Sanchez