Wein in Mehrwegflaschen: Ein Familienunternehmen setzt auf Nachhaltigkeit

Das Weingut Kilchsperger im Kanton Zürich arbeitet seit 1963 mit Mehrweg. Trotz Hindernissen sammelt das Familienunternehmen gebrauchte Flaschen und befüllt sie neu.

In dritter Generation führen Ueli und Annika das Weingut Kilchsperger in Flaach. 2014 haben sie es von Uelis Eltern übernommen. An den sanften Hängen des Worrenbergs wachsen im idyllischen Zürcher Weinland auf 4.5 Hektaren die Trauben für die erlesenen Weine der Familie Kilchsperger. Neben hoher Qualität und Swissness setzt die Familie auch auf Nachhaltigkeit. Deshalb nehmen sie auch die leeren Weinflaschen ihrer Kund/innen zurück, um diese wieder zu verwenden.

Ueli Kilchsperger erzählt:

«Wir haben Mehrweg aus ideellen Werten, nicht aus Kostengründen. Ich sehe einfach den ökologischen Gedanken dahinter. An einer Flasche Wein macht die Verpackung, das Glas, über 50 % des CO2-Fussabdruckes aus. Und ich bin persönlich der Meinung, dass man eine Flasche so lange brauchen kann, bis sie kaputt ist.»

Mehrweg-Tradition weiterführen

Diese Tradition besteht schon seit Grossvater Kilchsperger, der 1963 das Weingut gegründet hat. Zu jener Zeit war dies nichts Aussergewöhnliches. Heute ist Mehrweg in der Weinbranche hingegen rar geworden. Familie Kilchsperger hält aber trotzdem an dem Konzept fest – aus Überzeugung. Bis ins Jahr 2017 haben sie die Flaschen noch im eignene Betrieb gewaschen. Heute werden sie im rund 50 Kilometer entfernten Wettswil bei Vetrum gereinigt, wodurch sich der Arbeitsaufwand verringert hat.

Trotzdem kann man Ueli und Annika an einem verregneten Nachmittag immer noch beim Sortieren der Flaschen antreffen: Mehrweg ist eben arbeitsintensiv. Mühsam ist auch, dass die Lagerung der leeren Flaschen viel Platz braucht und dass nur wenig Flaschen zurückgegeben werden. Pfand verlangt das Weingut nicht, das sei zu kompliziert in der Umsetzung. Nichtsdestotrotz ist Ueli Kilchsperger überzeugt, dass die Zukunft dem Mehrweg gehört:

«Ich denke gerade in der jetzigen Situation mit der schwereren Verfügbarkeit des Glases und der Preisentwicklung, wird das Waschen schon bald wieder lukrativ.»

Mehrweg in Zukunft ausbauen

Deshalb studiert Ueli Kilchsperger schon heute an Formen künftiger Förderung von Mehrweg:

  • Eine Möglichkeit sieht er in der Schaffung eines spezifischen Produktes, das nachhaltigkeitsbewusste Konsument/innen anspricht. Ein solcher Wein könnte konsequent in wiederverwendete Flaschen abgefüllt werden. Zudem könnte das Porto für die Rücksendung der Flaschen bereits im Preis enthalten sein. Dadurch könnte erreicht werden, dass auch die per Post verschickten Weinflaschen öfters retourniert würden.

  • Das grösste Potenzial sieht Ueli Kilchsperger im Zusammenschluss mehrere Winzer/innen und Akteur/innen, um gemeinsam eine Einheitsflasche zu designen. Das Problem dabei sei aber die grosse Konkurrenz unter den Winzer/innen , die alle ihre Weine in möglichst individuellen Flaschen vermarkten wollen. «Mir liegt Mehrweg am Herzen. Da nehme ich Kompromisse, was das Aussehen der Flaschen betrifft, in Kauf» hält Kilchsperger fest und ergänzt mit Blick auf die Zukunft: «Ich habe das Gefühl, dass der Energie- und der Rohstoffsektor uns in Zukunft alle zu solchen Sachen zwingen werden».

  • Eine weitere Herausforderung bestehe darin, dass sehr unterschiedliche Akteur/innen – Winzer/innen, Speditionsfirmen, Kund/innen, Glasproduzenten und Waschanlagen – zusammen arbeiten müssten, was den Prozess erschwere: «Eine Flasche geht durch viele Hände».

Die Winzer/innen haben es selbst in der Hand!

«Es sind viele Faktoren, die da mitspielen. Aber die grössten sind meiner Meinung nach die Akzeptanz und der Wille. Wenn die Winzer/innen Mehrweg wollen würden, dann hätte man das schon lange.»

Mit dieser Aussage plädiert Ueli Kilchsperger für grössere Anstrengungen für Mehrweg in der Weinbranche. Denn obwohl Annika und Ueli Kilchsperger mit ihrem Einsatz für mehr Mehrweg schon einiges bewirken, sind die nötigen grundlegenden Veränderungen nur gemeinsam zu erreichen.

Lesen Sie hier wie Winzer/innen und andere Akteur/innen Uelis Vorschlag in Katalonien und Baden-Württemberg in Deutschland umsetzen.

Text: Michael Müller